Diese Frage wird unter Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern oftmals heiß diskutiert. Und tatsächlich nach kurzer Zeit bereits stellt man eine gewisse Verschärfung des Gesprächsklimas fest und Handgreiflichkeiten liegen spürbar in der Luft. Dann ist es gut, einen Juristen um Rat zu fragen, um so eine kurze, einfache Antwort zu bekommen. Hofft man zumindest.
So geschehen zu folgender beschriebener Situation:
Auf einer Bundesstraße ist die Geschwindigkeit durch Verkehrszeichen 274 auf 70 km/h reduziert. Auf gerader Strecke geht die Straße in eine Autobahn VZ 330.1 über. Gilt die Geschwindigkeitsbeschränkung weiter, wenn keine Aufhebung erfolgt? Macht es einen Unterschied, ob die Straße zuvor eine „einfache“ Bundesstraße (Geschwindigkeitsregelung nach § 3 StVO) oder eine Kraftfahrstraße (Geschwindigkeitsregelung nach § 18 StVO) war?Darauf die Antwort von Rechtsanwalt Thomas Lustenberger, der den Leserinnen und Lesern bereits als „Verbandsanwalt“ bekannt ist.
„Zu Ihrer Frage; eine kurze Antwort unter Benennung der Rechtsgrundlage wäre wünschenswert, in dieser Konstellation jedoch nicht machbar.
– VZ i.S.d. §§ 41, 42 StVO sind Verwaltungsakte in Form einer sog. Allgemeinverfügung gem. § 35 S. 1 VwVfG und somit durchaus angreifbar. Die Straßenverkehrsbehörden können bspw. durch VZ 274, 278 für einzelne Straßen oder Straßenteile Höchstgeschwindigkeiten festsetzen, die denen des § 3 StVO vorgehen. So scheint das in der von Ihnen geschilderten Situation auch der Fall zu sein.
– Der Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung ist klar; die Geschwindigkeitsbeschränkung beginnt am jeweiligen VZ, wenn nicht durch ein Zusatzschild ein anderer Beginn angezeigt ist, §§ 40 Abs. 2, 41 Abs. 2 StVO.
– Das Ende richtet sich nach einhelliger Meinung in Literatur und Rspr. bei Streckenverboten insbesondere nach den VZ 274.2, 278, 282.
– Wenn das Ende vorschriftswidrig nicht angezeigt ist, dauert die Beschränkung bis zum eindeutigen Ende der Gefahrenstelle, für die sie bestimmt ist (Burmann, StVO § 3 Rn. 66).
– Somit ist stets der Einzelfall anzuschauen. So hat bspw. das AG Herne mit Beschluss vom 15.06.2005 – 15 OWi 220 Js-482/04 – 15/04 festgehalten, dass ein im Kurvenbereich einer Autobahnauffahrt aufgestelltes Streckenverbot gem. § 41 StVO VZ 274 auch ohne ausdrückliche Aufhebung durch VZ 282 nicht ohne weiteres für den unmittelbar nachfolgenden Bereich der Autobahn gilt. Das Streckenverbot dient im Allgemeinen zur Abwehr einer bestimmten Gefahrensituation. So dürfte es ja auch in Ihrem Fall liegen; das Streckenverbot wird zur Abwehr einer Gefahr auf der Bundesstraße festgehalten worden sein. Daher erschließt es sich nicht einfach so, dass dieses Streckenverbot und die damit einhergehende Gefahr sich auch noch auf die Autobahn beziehen soll. Das AG Herne führte hierzu aus, dass Autobahnen nach ihrem Sinn und Zweck gerade dazu hergestellt sind, um das Fahren höherer Geschwindigkeiten zu ermöglichen. Deshalb ergibt sich nicht ohne weiteres, dass das VZ 274 auch für den Bereich der Autobahn gilt.
Um Ihre Frage nochmal kurz zu beantworten:
Das Streckenverbot gilt eigentlich weiter, da es nicht aufgehoben wurde, es sei denn, dass die Gefahrenstelle, für die es bestimmt ist, eindeutig beendet ist. Eine weiterführende Unterscheidung (Bundesstraße, Kraftfahrstraße) ist nicht relevant. § 18 Abs. 5 S. 2 StVO enthält Geschwindigkeitsbeschränkungen für bestimmte Fahrzeugarten und tritt innerhalb wie außerhalb geschlossener Ortschaften an Stelle des § 3 Abs. 3 StVO.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Lustenberger
Rechtsanwalt
KAROFF, MÖHRING & KOLLEGEN
Rechtsanwälte
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